Arbeitsagentur – Erfahrungsbericht einer angehenden Terroristin (I)
Die Situation ist günstig, die Angebote liegen auf dem Tisch. Frau will sich selbständig machen und dem Joch der abhängigen Beschäftigung entfliehen.
Als fleißige Zahlerin gesetzlicher Beiträge zur Arbeitslosenversicherung möchte ich dabei den mir rechtlich zustehenden Gründungszuschuss in Anspruch nehmen.
Ein Anruf bei der Hotline der Arbeitsagentur soll meine letzten diesbezüglichen Fragen klären. 01801-555111, 3,9 c pro Minute. Ob der Anruf erst ab Annahme oder schon in der Warteschleife kostenpflichtig ist, bleibt offen. Das finde ich grenzwertig, müssen doch auch Arbeitslose und Hartz-IV-Empfänger mit extrem geringen Einkünften dort anrufen. Nach zehn Minuten sich wiederholenden Bla-Blas lande ich in irgendwo in dieser Republik in einem Call-Center. Die Auskünfte sind unbefriedigend (und wie sich später heraus stellen sollte, teilweise falsch), zur zuständigen Agentur durchstellen kann man mich nicht, schriftlich gibt es selbstverständlich auch nichts.
Da mir schwant, dass sich bei einer Kündigung durch den Arbeitnehmer bei meinem Vorhaben Problemzonen auftun, gehe ich zur Beratung in die Arbeitsagentur. Für Akademiker hat man in Berlin eigens eine Zweigstelle der Arbeitsagentur eingerichtet. Warum? Das wird wohl ein Geheimnis bleiben.
Montag, 9 Uhr. Die Dame am Informationsschalter händigt mir diverse Formulare aus und verweist mich in den Wartebereich – ich würde aufgerufen. Die Formulare fragen nach Adressdaten und Beschäftigungszeiten der letzten sieben Jahre mit Tag, Monat, Jahr. Klar, hat Frau ja einfach so im Kopf. Ich fülle alles nach bestem Wissen und Gewissen aus. Dann werde ich sogar abgeholt - schon nach zehn Minuten! Die junge Frau, geschätzte 25, sieht die Formulare durch und ich erkläre was ich will. Zuerst müsse sie meine Daten eingeben, sonst ginge gar nichts. Ich frage warum meine Daten nicht mehr im Computer sind, schließlich war ich doch schon vor zweieinhalb Jahren mal zur Beratung hier gewesen. „Die Daten sind bis auf die Adresse gelöscht.“ – erstklassige Begründung.
Ich erwäge eine kleine Spende zur Erweiterung des Speicherplatzes der Arbeitsagentur.
Die Daten müsse sie nun neu eingeben, ich solle draußen warten. 15 Minuten später, Zeit genug, um mindestens zwei Kaffee zu verstoffwechseln und die Daten dreier potentieller Kunden einzuspeisen, sitze ich wieder vor ihr. Über die möglichen Hindernisse, die sich aus einer Eigenkündigung bei der Antragstellung auf Gründungszuschuss ergeben, könne sie mir nichts sagen, das müsse die Leistungsabteilung tun.
Ich: „Na dann gehe ich da gleich hin.“ Sie: „Nein, das geht nicht.“ Ich: „Warum nicht? Es ist total leer hier und im persönlichen Gespräch lässt sich doch alles schnell klären.“ Sie: „Nein, das geht nicht. Die Leistungsabteilung wird sie anrufen innerhalb der nächsten 48 Stunden.“ Ich: „Super! Kann man sie wenigstens per email erreichen. Vielleicht auf einer Adresse, die nicht info[ät]arbeitsagentur.de heißt und deren Posteingang dann verlost wird?“
Mit einer Email-Adresse für Team yyy und einem Merkblatt für Arbeitslose versehen (bin ich nicht, werde ich nicht sein!) und – wichtig, wichtig - meiner KUNDENnummer verlasse ich den Raum. Kundin bin ich jetzt also, das erleichtert im Geschäftsleben ja vieles, bei der Arbeitsagentur nur Kleinigkeiten.
Ein Anruf wird also kommen. Ich warte. Und warte. Und warte. Zwei Tage und weit mehr als 48 Stunden später. Der Rückruf der Leistungsabteilung ist nicht erfolgt. Ich werde also noch Mal die Hotline bemühen müssen. Wozu eigentlich? Um mich wieder inkompetent abweisen zu lassen? Harndrang. Während ich zur Miktion bin, klingelt mein Handtelefon. War ja klar. Unbekannter Teilnehmer vermeldet das Anrufprotokoll bei meiner Rückkehr zum Schreibtisch (note to myself: Handy während laufender Verhältnisse mit der Arbeitsagentur immer mit auf die Toilette nehmen!).
Ich schicke eine Email an die mir ausgehändigte Adresse. Das Ding kommt zurück. Adresse unbekannt. Ich versuche alle logisch erscheinenden Adress-Varianten. Kann ja jeder mal einen Fehler machen, gebe ich der jungen Frau vom Amt Kredit. Die Mails kommen alle zurück. In mir steigt Ohnmacht auf. Und Wut.
Agenturmitarbeiter in die freie Wirtschaft, vier Wochen, unter härtesten Bedingungen – und dann zurück ins Amt. Ich stelle mir die Mutation von bissigen Hunden zu frommen Lämmern bildlich vor.
Also wieder die Hotline. Beim dritten Versuch und 30 vergeudete Minuten später erfolgreich, entschuldige mich dafür, dass die Frau am anderen Ende der Leitung meinen geballten Zorn ertragen muss (was sie wohl schon aus Erfahrung demutsvoll tut), erkläre den verpassten Anruf mit einem Blasenproblem und bitte inständigst um Rückruf der Leistungsabteilung, da mein weiteres Vorgehen doch von deren Auskünften abhinge. Ach und ob sie mir nicht die Email-Adresse der Agentur xxx, Team yyy geben könne. Kann sie. Die Adresse unterscheidet sich gravierend von der mir ausgehändigten und auch durch Probieren aller Varianten bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag hätte ich darauf nicht kommen können. Ich schreibe eine Mail und bitte um Rückruf der Leistungsabteilung. Eine Antwort erhalte ich nicht – hatte ich die wirklich erwartet?
Am selben Tag gegen 18 Uhr ruft mich die Leistungsabteilung an. Kompetent beantwortet die Mitarbeiterin alle meine Fragen am Telefon und sichert mir Gesagtes in schriftlicher Form innerhalb der nächsten drei Tage zu. Ich beginne, an Wunder zu glauben.
Aber nur in kleinen Dingen sind sie groß, die Mitarbeiter der Verhinderungsagentur….
- Fortsetzung folgt -
Als fleißige Zahlerin gesetzlicher Beiträge zur Arbeitslosenversicherung möchte ich dabei den mir rechtlich zustehenden Gründungszuschuss in Anspruch nehmen.
Ein Anruf bei der Hotline der Arbeitsagentur soll meine letzten diesbezüglichen Fragen klären. 01801-555111, 3,9 c pro Minute. Ob der Anruf erst ab Annahme oder schon in der Warteschleife kostenpflichtig ist, bleibt offen. Das finde ich grenzwertig, müssen doch auch Arbeitslose und Hartz-IV-Empfänger mit extrem geringen Einkünften dort anrufen. Nach zehn Minuten sich wiederholenden Bla-Blas lande ich in irgendwo in dieser Republik in einem Call-Center. Die Auskünfte sind unbefriedigend (und wie sich später heraus stellen sollte, teilweise falsch), zur zuständigen Agentur durchstellen kann man mich nicht, schriftlich gibt es selbstverständlich auch nichts.
Da mir schwant, dass sich bei einer Kündigung durch den Arbeitnehmer bei meinem Vorhaben Problemzonen auftun, gehe ich zur Beratung in die Arbeitsagentur. Für Akademiker hat man in Berlin eigens eine Zweigstelle der Arbeitsagentur eingerichtet. Warum? Das wird wohl ein Geheimnis bleiben.
Montag, 9 Uhr. Die Dame am Informationsschalter händigt mir diverse Formulare aus und verweist mich in den Wartebereich – ich würde aufgerufen. Die Formulare fragen nach Adressdaten und Beschäftigungszeiten der letzten sieben Jahre mit Tag, Monat, Jahr. Klar, hat Frau ja einfach so im Kopf. Ich fülle alles nach bestem Wissen und Gewissen aus. Dann werde ich sogar abgeholt - schon nach zehn Minuten! Die junge Frau, geschätzte 25, sieht die Formulare durch und ich erkläre was ich will. Zuerst müsse sie meine Daten eingeben, sonst ginge gar nichts. Ich frage warum meine Daten nicht mehr im Computer sind, schließlich war ich doch schon vor zweieinhalb Jahren mal zur Beratung hier gewesen. „Die Daten sind bis auf die Adresse gelöscht.“ – erstklassige Begründung.
Ich erwäge eine kleine Spende zur Erweiterung des Speicherplatzes der Arbeitsagentur.
Die Daten müsse sie nun neu eingeben, ich solle draußen warten. 15 Minuten später, Zeit genug, um mindestens zwei Kaffee zu verstoffwechseln und die Daten dreier potentieller Kunden einzuspeisen, sitze ich wieder vor ihr. Über die möglichen Hindernisse, die sich aus einer Eigenkündigung bei der Antragstellung auf Gründungszuschuss ergeben, könne sie mir nichts sagen, das müsse die Leistungsabteilung tun.
Ich: „Na dann gehe ich da gleich hin.“ Sie: „Nein, das geht nicht.“ Ich: „Warum nicht? Es ist total leer hier und im persönlichen Gespräch lässt sich doch alles schnell klären.“ Sie: „Nein, das geht nicht. Die Leistungsabteilung wird sie anrufen innerhalb der nächsten 48 Stunden.“ Ich: „Super! Kann man sie wenigstens per email erreichen. Vielleicht auf einer Adresse, die nicht info[ät]arbeitsagentur.de heißt und deren Posteingang dann verlost wird?“
Mit einer Email-Adresse für Team yyy und einem Merkblatt für Arbeitslose versehen (bin ich nicht, werde ich nicht sein!) und – wichtig, wichtig - meiner KUNDENnummer verlasse ich den Raum. Kundin bin ich jetzt also, das erleichtert im Geschäftsleben ja vieles, bei der Arbeitsagentur nur Kleinigkeiten.
Ein Anruf wird also kommen. Ich warte. Und warte. Und warte. Zwei Tage und weit mehr als 48 Stunden später. Der Rückruf der Leistungsabteilung ist nicht erfolgt. Ich werde also noch Mal die Hotline bemühen müssen. Wozu eigentlich? Um mich wieder inkompetent abweisen zu lassen? Harndrang. Während ich zur Miktion bin, klingelt mein Handtelefon. War ja klar. Unbekannter Teilnehmer vermeldet das Anrufprotokoll bei meiner Rückkehr zum Schreibtisch (note to myself: Handy während laufender Verhältnisse mit der Arbeitsagentur immer mit auf die Toilette nehmen!).
Ich schicke eine Email an die mir ausgehändigte Adresse. Das Ding kommt zurück. Adresse unbekannt. Ich versuche alle logisch erscheinenden Adress-Varianten. Kann ja jeder mal einen Fehler machen, gebe ich der jungen Frau vom Amt Kredit. Die Mails kommen alle zurück. In mir steigt Ohnmacht auf. Und Wut.
Agenturmitarbeiter in die freie Wirtschaft, vier Wochen, unter härtesten Bedingungen – und dann zurück ins Amt. Ich stelle mir die Mutation von bissigen Hunden zu frommen Lämmern bildlich vor.
Also wieder die Hotline. Beim dritten Versuch und 30 vergeudete Minuten später erfolgreich, entschuldige mich dafür, dass die Frau am anderen Ende der Leitung meinen geballten Zorn ertragen muss (was sie wohl schon aus Erfahrung demutsvoll tut), erkläre den verpassten Anruf mit einem Blasenproblem und bitte inständigst um Rückruf der Leistungsabteilung, da mein weiteres Vorgehen doch von deren Auskünften abhinge. Ach und ob sie mir nicht die Email-Adresse der Agentur xxx, Team yyy geben könne. Kann sie. Die Adresse unterscheidet sich gravierend von der mir ausgehändigten und auch durch Probieren aller Varianten bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag hätte ich darauf nicht kommen können. Ich schreibe eine Mail und bitte um Rückruf der Leistungsabteilung. Eine Antwort erhalte ich nicht – hatte ich die wirklich erwartet?
Am selben Tag gegen 18 Uhr ruft mich die Leistungsabteilung an. Kompetent beantwortet die Mitarbeiterin alle meine Fragen am Telefon und sichert mir Gesagtes in schriftlicher Form innerhalb der nächsten drei Tage zu. Ich beginne, an Wunder zu glauben.
Aber nur in kleinen Dingen sind sie groß, die Mitarbeiter der Verhinderungsagentur….
- Fortsetzung folgt -
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