Das große Fressen

„Hunger“ schreien die Eingeweide graziler, kulturgesättigter Damen nach dem Theaterbesuch. „Kalt“ meldet die von zu dünnen Mänteln geprüfte Außentemperatur. „Nah“, befinden die Frierenden, muß die Nahrungsquelle sein.
Schlicht kommt das Buffet daher im Café. „Unbegrenzt“ beantwortet der Wirt die Frage nach maximal möglicher Kalorienaufnahme.
Genußsüchtig schreiten die beiden Damen zur Tat. Übervoll tragen sie ihre Teller zum Tisch. Schnell versinkt die erste Portion in ihren Mägen. Gierig beschaufeln sie die Teller erneut. Neugierig blickt der Wirt. Unbemerkt bleibt staunendes Stieren nächtlicher Cafébesucher ob solcher Berge zu verzehrtender Nahrungsmengen. Sinnenfreudig speisen die Damen. Panikartig füllt der Wirt auf was die Küche noch hergibt. Ungesättigt schreiten die Damen erneut zum Angriff. Leer sind die Teller in Sekundenschnelle. Unvermeidlich scheint ein vierter Gang. Angstvoll übt sich der Wirt in Zurückhaltung und Kopfrechnen. Unvereinbar für ihn die Vorstellung von Klischee und Realität: zierliche Damen mittlerer Größe und niederen Gewichts, somit anzunehmender Weise zurückhaltend bei reichhaltigen Nahrungsangeboten, plündern rücksichtslos sein Buffet. Mysteriös die Maßlosigkeit ihrer Mägen. Mitgezählte zehn Buletten, fünfzehn Scheiben Brot, fünf Eier, zwölf Scheiben Käse, fünfundzwanzig Scheiben Wurst, zwölf Stückchen Butter, vier Teller Suppe und neben anderen Kleinigkeiten mehr als dreißig Tomaten- und Gurkenstückchen werden sich unbezahlt auflösen in Magensäure. Hemmungsloses Schlingen bringt den Wirt schier zur Verzweiflung, die in-sich-hinein-Stopfenden zu sättigender Befriedigung. Schlachtfeldgleich das Buffet nach verlorenem Kampf.
Behaglichen Gefühls verlassen die Damen das Café, wunschlos in genau diesem Moment. Düster folgen ihnen die Augen des Wirts. Ernsthaft denkt er über einen neuen Preis für die angebotene, grenzenlose Schlemmerei nach.
Furchtsam hebt er den Blick, als die beiden Wochen später wieder durch seine Tür schreiten. Ungezwungen schmunzeln sie ihm ihr „wir speisten bereits“ zu. Entspannt lächelt der Wirt zurück und fordert auch fürderhin nur lumpige drei Euro fürs Buffet.
King Fisher (Gast) - 4. Apr, 12:26

Schön!
Macht Appetit auf mehr!

Schön!
Macht Appetit auf mehr!

Transmet (Gast) - 6. Apr, 14:04

Checked

Wirr irrte ich rasend von einem Buffette zum anderen. Suchend nach dem einen. Hunderte habe ich gesehen. Drei Tage und Nächte streifte ich so durch Berlin. Völlig verzweifelt und ausgehungert. Abgemagert bis auf die Knochen. So hat sich das angefühlt, als ich endlich den Laden auftat. Den mit den drei Euros. Und den schön gekühlten Buletten von Lidl. Dann tat ich es den beiden Damen nach. Bei gleicher Reaktion des Wirtes. Doch ich ging erst im Anschluss. Rein ins DT. Hätt nicht so viele von den Zwiebeln essen sollen. Das zumindest las ich aus den Gesichtern der beiden Damen links und rechts von mir. Die Gesichter der Menschen hinter mir blieben mir zum Glück erspart.

Trackback URL:
https://paulanotes.twoday.net/stories/1786544/modTrackback

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Meinungen

sie haben doch nicht...
das reisefieber und die fotolust "kurriert"? ich vermiss...
Ranunkelchen - 27. Mai, 23:14
auch von mir....
... alles gute nachträglich.
Doro (Gast) - 10. Mär, 17:13
hab lieben dank!
Paula notes - 8. Mär, 23:03
herzlichen glückwunsch!...
schneck08 - 6. Mär, 00:04
ich selbst
kanns aus 9monatiger eigener abstinenz nur empfehlen!...
ranunkelchen (Gast) - 12. Okt, 21:35
ja, sicher
und fern und scheinbar nicht erreichbar. aber für mich...
Paula notes - 6. Sep, 01:12
der nachthimmel hat's...
der nachthimmel hat's gut.
schneck08 - 5. Sep, 10:14

Suche

 

Impressum

Dies ist ein Privat-Blog
Haftungsausschluss

Briefkasten:
paulanotes [at] web.de

Status

Online seit 6845 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 15. Apr, 10:03