Fremd und vertraut

Sein Lächeln ist mir ein Sonnenstrahl. Jeden Morgen wenn ich sein kleines Geschäft betrete, schafft er es, vor mir am Kaffeeautomaten zu sein, wirft das schon bereitliegende Kleingeld ein, gießt Milch ins Heißgetränk und fragt, seinen jugendlichen Charme versprühend, wie es mir geht. Jeden Morgen.
Heute trat ich durch die Tür und er blieb sitzen auf seinem kleinen Schemel hinter der Ladentheke. In sich zusammen gesunken. Während ich selbst den Kaffee brühen ließ, schaute ich ihn mir genauer an.
Elegant sah er aus in seinem feinen Anzug, mit weißem Hemd, Weste und noblen Schuhen. Er schien nicht geschlafen zu haben.
Es war an mir mit dem „Wie geht’s?“. „Du siehst müde aus“, schob ich besorgt nach.
Lächelnd, fast als würde er noch träumen, fing er an zu erzählen. Auf der Hochzeit seines Cousins war er gestern, sehr lange haben sie ausgelassen gefeiert. Seine Eltern waren aus der Türkei gekommen, um mit den Anverwandten zu zelebrieren. Und ein Hotel können sie sich nicht leisten. Er hat sie in seine Wohnung gebracht, die sehr klein ist, zu klein, um für ihn auch noch ein Bett zu haben. In der Küche hat er gesessen, den Rest der Nacht, seine Eltern schlafen lassend in seinem Bett. Und der Schrank mit seinen Sachen steht neben ihrer Liegestatt. Er wollte sie nicht wecken um sich umzuziehen, als er um sechs in der Frühe in seinen Laden mußte.
Gern hätte ich ihn umarmt für soviel Empathie. Sein verschlafenes Lächeln hat mich den ganzen Tag nicht losgelassen und morgen werde ich ihn nach seinem Namen fragen.

Dezembernachmittag

forsythien

"Blüht nicht zu früh, ach, blüht erst, wenn ich komme! Dann sprüht erst Euer Meer und Euren Schaum. Mandeln, Forsythien, unzerspaltene Sonne - dem Tal den Schimmer und dem Ich den Traum."

Gottfried Benn

Shattered

shattered

...

tränen, die befreien
musik, die schweben läßt
nur nicht ankommen
sich treiben lassen
den schmerz genießen
dem tropfen nachträumend
der zurückfließt ins glas

Stalker versus the Most Popular Girl in Town

Diodenzuckend vermeldet der Anrufbeantworter bei später Heimkehr vierzehn neue Nachrichten. Erwartungsvoll und besorgt greife ich zum Telefon. Liebesschwüre, Notrufe? Es ist der zweite Tag innerhalb einer Woche, der mir einen vollen Anrufbeantworter suggeriert. Akustische Leere auch heute. Vierzehn Mal nichts. Vierzehn Mal wählte ein Unbekannter zu unterschiedlichsten Zeiten und in nicht nachvollziehbarer Frequenz meine nicht gelistete Nummer, hörte sich meine Stimme an und hinterließ keine Nachricht. Angst kriecht in mir hoch. Nicht noch einmal. Was gäbe ich heute für das Serviceangebot meiner einst heimischen, britischen Telefongesellschaft, die auf Nachfrage die Nummer des Anrufenden ausfindig macht.

Hidden Growing

hidden-growing
Dezember, Berlin, Saarbrücker Straße

...

gelbes licht
blühende rosen
frau schürzt ihr kleid
ein offenes tor
betörender duft
unbestimmter weg
kraftvolles schreiten

Drowned

ertrunken

Das Meer hat ihn (vielleicht für immer) verschlungen. Sollte ihn trotzdem jemand finden, möge er ihn lieb behandeln. Er hat es verdient!

Reise ans Meer

reise-ans-meer

Einfallstor für Graphologen

stoeckchen

Erklärungsversuche

"Stellen sie sich vor, sie sitzen an einem gedeckten Tisch. Das Besteck ist ihr Programm. Wenn sie jetzt ihr Essen in den Mülleimer schieben und den gleich ausleeren, nützt ihnen ihr Besteck auch nichts mehr."
Ich habe den Müllcontainer die Festplatte einem Spezialisten überlassen, denn für's Recycling weggeworfenen Essens werde ich nicht bezahlt!

Past Revisited

reise Nur eineinhalb Autostunden trennen mich vom Ort meines Aufwachsens. 120 Kilometer die ich selten, sehr selten fahre, wuchsen über die Jahre zu einer bewußten Distanz.
Begraben liegen 17 Jahre meines Lebens in der Kleinstadt in Brandenburg. 17 Jahre, die mir bei oberflächlicher Betrachtung nichts mehr bedeuten, die Mühsal, Tortur, Leiden waren. Was ich bin, suggeriert mir mein Ego, wurde ich nach dem Verlassen der sandigen Einöde.
Es gibt keine Verbindungen mehr, nichts zieht mich in dieses Kaff, das vom Bergbau halbiert wurde, dessen einer Teil in die Grube fiel, dessen Trostlosigkeit ich schon sehr jung nicht mehr ertragen konnte.
Doch es gibt Tage, die meine Anwesenheit dort zu erzwingen scheinen.
Der Wagen reißt die Kilometer herunter. Mit dem Nahen des Ortes sollte ich ein Gefühl von Heimat entwickeln. Mir ist kalt.
Eine Tür öffnet sich, die Familie verheißen sollte. Der Vater grüßt mit Abstand. Rosarote Pantoffeln fallen mir vor die Füße, getragen einst von mir, mehr als zwanzig Jahre dauerhafter Abwesenheit drohen im rosaroten Flausch. Ich ziehe sie an, werde zum Kind, das ich nie war, nie habe sein können.
Wir besteigen gemeinsam das Auto, befahren Straßen, die ich erinnern müßte, kreuzen Stätten meiner frühen Jugend. Bilder verschwimmen. Nichts ist mehr wie es mir die Erinnerung eingebrannt hat. Straßenverläufe, geändert durch vorgebliche Notwendigkeiten des Bergbaus, irritieren mich. Der einst stabile Mikrokosmos wird zum Abenteuerspielplatz. Welten verschieben sich unbeeinflußbar.
Was wäre wenn – ich geblieben wäre, den Ort nicht verlassen hätte, den Verlockungen der Großstadt, dem Winken eines vermeintlich besseren Lebens nicht gefolgt wäre. Würde ich mehr, mich, besser kennen? Wären mir veränderte Straßenfluchten vertrauter, neue Gebäude weniger fremd?
Würde ich weniger mäkeln am Essen lokaler Gastronomen, die meinen, mich mit mikrowellengewärmten Saucen und totgegartem Fisch befriedigen zu können? Ist es der Hochmut der an der Großstadt Gewachsenen, der vernichtende Urteile fällt?
Was wäre wenn – ich geblieben wäre, hier tätig wäre? Hätte ich eine Wohnung mit Schrankwand, einen Kleingarten – wäre ich glücklich(er)?
Auf der Rückfahrt in die große Stadt schaue ich auf meine Hände. Ich sehe die Finger meiner Großmutter, die meinen gleichen, und sicher das Messer unter die Schalen der Kartoffeln gleiten lassen.

...

regen durchschneidet die schatten der nacht
scheinwerfer lassen tropfen bersten
graues naß senkt sich über die stadt
kälte kriecht in körper
gefangene tropfen perlen
gedankengleich

dropped

dropped

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Meinungen

sie haben doch nicht...
das reisefieber und die fotolust "kurriert"? ich vermiss...
Ranunkelchen - 27. Mai, 23:14
auch von mir....
... alles gute nachträglich.
Doro (Gast) - 10. Mär, 17:13
hab lieben dank!
Paula notes - 8. Mär, 23:03
herzlichen glückwunsch!...
schneck08 - 6. Mär, 00:04
ich selbst
kanns aus 9monatiger eigener abstinenz nur empfehlen!...
ranunkelchen (Gast) - 12. Okt, 21:35
ja, sicher
und fern und scheinbar nicht erreichbar. aber für mich...
Paula notes - 6. Sep, 01:12
der nachthimmel hat's...
der nachthimmel hat's gut.
schneck08 - 5. Sep, 10:14

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Zuletzt aktualisiert: 15. Apr, 10:03